Liedzeit

Mein Freund Lehmann

2021-05-06

Man tritt dem Jens vermutlich nicht zu nahe, wenn man sagt, dass er nicht das hellste Licht auf der Torte ist. Und so äußerte er in aller Unschuld den Verdacht, dass es sich bei Dennis Aogo um einen Quotenschwarzen handeln könne. Das ist natürlich ein Gedanke, der sich bei von Geburt an Anständigen oder mit antrainiertem Zeitgeist-Check Begabten gar nicht erst im Kopf einnisten kann. Der Lehmann hat immerhin noch einen Smiley vorangeschickt, was ihn aber vor dem gerechten Zorn nicht schützen konnte, und so verlor er sehr zurecht alle Ämter und Würden, und sein Heimatverein, der ruhmreiche Heisinger SV, belegte ihn mit lebenslangem Stadionverbot.

Aber, höre ich mich einwenden, ist die Äußerung nicht durch die Meinungsfreiheit gedeckt? Nun ja, selbstverständlich... Er darf das sagen, nur darf er nicht hoffen, dass rassistische Äußerungen ohne Konsequenzen bleiben, und das Recht auf Empörung und Abgrenzung ist noch heiliger als die Meinungsfreiheit.

Und äh, was ist mit den Fakten? Ist der Dennis denn ein Quotenschwarzer?

Das tut nun wirklich nichts zur Sache, aber da mir zufällig das Gesprächsprotokoll von Sky vorliegt, soll das hier öffentlich gemacht werden.

Sportchefredakteur*: Wir brauchen einen neuen Experten.

Erste Vorsitzende: Schon wieder? Was ist denn mit dem Lothar?

Sportchefredakteur*: Ich meine, zusatzlich.

Zweiter Vorsitzender: Wozu überhaupt Experten? Haben unsere eigenen Leute nicht sowieso viel mehr Ahnung?

PR-Mensch: Schon, aber die Menschen wollen Experten.

Erste Vorsitzende: Also gut, wen nehmen wir?

Gleichstellungsbeauftragt*: Also mein Schwager meinte neulich, er würde gerne...

Zweiter Vorsitzender: Kommt nicht in Frage. Dem Nepotismus keine Chance. Wir sind ein seriöses Unternehmen.

PR-Mensch: Vielleicht sollten wir diesmal jemanden nehmen, der die moderne Gesellschaft widerspiegelt.

Zweiter Vorsitzender: Ja, so wie die Kollegen von RTL gerade etwas für die Resozialisation von Straffälligen getan haben.

Erste Vorsitzende: Das ist aber schief gegangen.

Gleichstellungsbeauftragt*: Schon, aber es geht ums Prinzip!

Sportchefredakteur*: Eine Frau?

Zweiter Vorsitzender: Gute Idee, Frau Prinz?

Erste Vorsitzende: Lassen wir die Scherze. Ernsthafte Vorschläge?

PR-Mensch: Vielleicht sollten wir jemanden nehmen, der, wie sagt man...? Was die Amerikaner früher Afro-American genannt haben?

Sportchefredakteur*: Wir wissen wen Sie meinen.

Erste Vorsitzende: Ein PoC.

Gleichstellungsbeauftragt*: Wie wär es mit Mustafi?

Erste Vorsitzende: Doch nicht verstanden.

Sportchefredakteur*: Außerdem ist der noch aktiv.

Zweiter Vorsitzender: Naja, semi-aktiv.

Sportchefredakteur*: Assamoah?

Zweiter Vorsitzender: Der ist zu dick.

Erste Vorsitzende: Richtig. Nur eine Diversität zur Zeit, bitte.

Sportchefredakteur*: Aber die Kollegen von RTL...

Erste Vorsitzende: ...sind gescheitert.

Sportchefredakteur*: Jermaine Jones?

PR-Mensch: Der ist doch dem Reuss auf den Fuß getreten.

Sportchefredakteur*: Ach ja.

Zweiter Vorsitzender: Rudy?

Erste Vorsitzende: Sie meinen Rüdiger. Der ist auch noch aktiv.

Sportchefredakteur*: Ich hab’s. Dennis Aogo?

Gleichstellungsbeauftragt*: Wer ist das denn?

PR-Mensch: Der ist perfekt. Sympathisch, gut aussehend, eloquent. Ein echter Quotenbringer!

Erste Vorsitzende: Na also, geht doch. Hat jemand seine Handynummer?


...

So war das natürlich nicht! Das war Satire.

In Wirklichkeit wurde der Job, wie sich das gehört ausgeschrieben, und jeder Mensch des ganzen Planeten konnte sich unabhängig von Alter, Geschlecht, Nationalität, sexueller Ausrichtung und politischen Ansichten bewerben. Dennis Aogo hat sich dann nach einem harten aber fairen Auswahlprozess als Top-Kandidat durchgesetzt.

Und wer das glaubt, die wird mit Stadionverbot bis zum Ende der Pandemie bestraft.


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