2023-12-02
Der diesjährige Lindbergh-Preis geht an Joaquin Phoenix. Den Preis vergebe ich für groteske Fehlbesetzungen in Erinnerung an den uralten James Stewart, der für Billy Wilder den jungen Charles Lindbergh spielen musste. Wobei, eigentlich sind immer alle chancenlos, wenn Phoenix antritt. Ich fand ihn ja schon als Joker zu alt. Oder Johnny Cash. Eigentlich schon als Commudus.
Hier also tritt ein Mann an, der auch bei bester Maske und Beleuchtung nie einen Tag jünger als 55 aussieht. Und der soll einen 26-jährigen spielen? Wenn schon Ähnlichkeit und Alter keine Rolle spielen, warum hat Ridley Scott dann nicht Russell Crowe gecastet, oder Robert de Niro? Oder, und das meine ich ernst, Tom Cruise. Denn der hat etwas, was Phoenix fehlt, nämlich Charisma. Ein abgewrackter Mann kommt aus dem Elba-Exil und steht einem großen Trupp königlicher Soldaten gegebenüber. Erkennt ihr mich? Natürlich erkennen sie ihn, den Usurpator. Ihn, der vor wenigen Jahren 560000 Kameraden in Russland hat fallen lassen. Und nun soll man glauben, dass sie ihm, dem müden Phoenix folgen?
Okay. Vielleicht bin ich nicht der Welt größter Phoenix-Fan. Der Mann ist Veganer, was an sich lobenswert ist, aber sich zu weigern den historischen Dreispitz zu tragen, finde ich lächerlich.
Und wenn ich dachte, schlechter könne man eine Rolle nicht besetzen, dann hatte ich Vanessa Kirby noch nicht gesehen. Kirby hat etwas Glanz in die letzte Mission-Instanz gebracht, aber hier ist sie, wenn möglich, noch blasser als JP. Und natürlich viel zu jung. Wie kann man einen Film über die Liebe Napoleons machen und zwei Menschen auf der Leinwand zusammenführen, zwischen denen es nicht einen klitzekleinen Funken von Elektrizität gibt? (Falls das die richtige Metapher ist.) Man erinnere sich an The Graduate zum Beispiel. Dustin Hoffman (auch natürlich viel zu alt) und Anne Bancroft (so stelle ich mir Josephine vor) spielen glaubwürdig.
Der Autor hat in Vorbereitung die Briefe Napoleons an Josephine gelesen. Habe ich extra auch getan. Man kann nicht anders als den Mann bemitleiden. Er, zerfliessend vor Liebe, die er allerdings mit eher bescheidener Prosa ausdrückt, und sie, steckt in ihr mehr als Kalkül? Hat sie irgendetwas für ihn übrig? (Ausgerechnet aus Ägypten sind übrigens keine Briefe erhalten, aber historische Korrektheit ist nicht, was ich erwarte.) Man könnte einen Film daraus machen. Nur nicht diesen.
Übrigens ist auch Robespierre grotesk fehlbesetzt. Immerhin hat mir die Hinrichtung Marie Antoinettes gefallen. Auch Barras. Und was hätte man nicht aus Talleyrand machen können. Die Musik war anfangs stimmig, bis dann, wie üblich, keine Ahnung warum das jemals eingeführt wurde, gregorianische Jammergesänge angestimmt werden.
Die Schlachtszenen immerhin sind gut genug, um diesen Film beinahe erträglich zu machen.
5/10 Westerland
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