Liedzeit

The Holdovers

2024-02-12

Dieser Film gehört nach Meinung der Academy zu den besten des Jahres. Und das ist nicht völlig falsch. Vor allem wenn man ihn mit Poor Things vergleicht. Aber er ist auch etwas bieder.

Die Message, es steckt ein guter Kern in den Menschen, die andere nicht leiden können, ist nicht eben originell. Paul Giamatti wird als Oscar-Kandidat gehandelt, aber er bietet eine seriöse Leistung und nicht mehr, finde ich. Frau Joy Randolph ist klasse, aber das liegt daran, dass das Drehbuch gute Dialoge hat und sie in Mammy-Tradition die Bühne füllt. Der Lehrer spricht davon, dass er eine Monographie zu schreiben wünscht, und fügt erklärend hinzu, dass eine Monographie ein kleines Buch sei. “I know what a monograph ist.“ sagt sie. Der Glanz der Bildung. Ihr Sohn durfte auf der Eliteschule lernen. Um aufs College zu gehen, fehlte die Kohle, also, ab nach Vietnam und früher Tod.

Was den Film besonders macht ist dies, es gibt also die toughe schwarze Köchin und auch einen schwarzen Hausmeister, aber es geht überhaupt nicht um Rassenproblematik. Sie wird aufgefordert, mit am Tisch zu sitzen, sie möchte aber nicht. Später reist sie mit nach Boston und geht mit den beiden Jungs in ein feines Restaurant. Null Problemo. Der Junge (Dominic Sessa, zu alt für die Rolle) bekommt keinen Alkohol. Klar, sie ist Köchin, Sohn musste sterben, wegen des „strukturellen Rassimus”, aber es gibt kein Gejammere, weder von den Betroffenen noch von der Regie.

Zweitens, es gibt keine amorösen Geschichten, (und nicht einmal schwule Andeutungen). Die Sekretärin, die am Anfang Selbstgebackenes verschenkt, stellt sich als nett heraus, aber außer rollenden Augen von Paul passiert nichts. Der Hausmeister verschenkt eine Brosche, sie hat nichts für ihn.

Und dann, am allerbesten, der Lehrer säuft, Jim Beam, die Köchin auch, und das wird einfach als Faktum hingestellt. Keinerlei moralisches Urteil, nicht der Hauch einer Andeutung, dass sie das überwinden werden oder sollten!

Der Mann verliert seinen Job und lässt am Schluss eine Flasche Rémy Martin mitgehen. Sehr schön. Würde ich meine Kinder auf eine solche Schule schicken? Selbstverständlich. Und darum, mit etwas Wohlwollen:

8/10 Filmraum


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