Liedzeit

Bismarck

2024-06-11

Ein Film über Bismarck aus dem Jahre 1940. Vielleicht, dachte ich, kann ich was lernen. Und dann hätte ich beinahe abgebrochen, denn ich wurde aufgefordert, meine Pin-Nummer einzugeben. Also ein Porno? Nein, schlimmer, ein nationalsozialistischer Propagandafilm.

Andererseits von Wolfgang Liebeneiner gedreht. Dem Wolfgang Liebeneiner. Also Schatzinsel- und Reeperbahn-Liebeneiner. Also Pin rausgesucht und hinein ins Vergnügen.

Der alte Wilhelm (Friedrich Kayssler) braucht einen neuen Ministerpräsidenten und wählt Otto von Bismarck (Paul Hartmann). Der findet gleich in seiner ersten Rede im Landtag das schöne Bild von Blut und Eisen. Man sieht wie er Zeitungen verbietet, den Landtag auflöst, weil ihm dessen Haltung mishagt, wie er einerseits devot andererseit voller Junkernhochmut mit seinem König umspringt, und ihn erst hindert, nach Frankfurt zu gehen, dann zum Dänischen Krieg und dann zu Königgrätz antreibt. Um ihn dann mit Hilfe des Kronprinzen (Werner Hinz) zur Zurückhaltung zu überreden. Damit schließt der Film, den Krieg gegen Napoleon und die Kaiserkrönung sieht man quasi nur noch im Abspann. (In der Wikipedia steht übrigens, dass im Film kein kämpfender Soldat zu sehen sei. Stimmt nicht.)

Ein Propagandafilm, schon, aber nicht ohne Subtilität. Interessant, dass nicht nur die Rolle des Dr. Virchow mit dem besten Schauspieler (Karl Haubenreißer) besetzt ist, sondern dass der auch die besten Dialogzeilen erhält. Wie kann die Deutsche Einheit erreicht werden? Bismarck möchte es über Diplomatie und Krieg erreichen, Virchow beruft sich darauf, dass das Volk der Dichter und Denker bereits geeint sei, auf dem Gebiet, auf das es ankäme. Wie wäre die Geschichte verlaufen, wenn Deutschland als Kleinstaatenverbund ins 20. Jahrhundert gegangen wäre? Oder unter Habsburger Führung? Vermutlich, anders als wir es in der Schule gelernt haben, nicht schlechter. Leider kommt das berühmte Duell der beiden im Film nicht vor, bei dem Virchow angeblich bei der Wahl der Waffen auf vergiftete Würste kam.

Dem französchichen Kaiser verspricht Bismarck, darüber nachzudenken, ihm für seine Neutralität im Krieg gegen Österreich Gebiet ihm Rheinland abzutreten. Er denkt darüber nach, lässt sich dann aber lieber auf einen Krieg ein. Die allerbesten Szenen übrigens gehören nicht Virchow sondern Lil Dagover als Kaiserin Eugènie.

Goebbels, liest man, hätte gern etwas Antisemitismus im Film gehabt. Tatsächlich gibt es nur das Attentat auf Bismarck, das von einem Juden verübt wurde. Warum ist der Film also erst ab 18 zugelassen? Er ist, mit Nachkriegsaugen betrachtet, schon kriegsverherrlichend. (Kriege führten, was man ja häufig nicht wahrhaben will, für den Sieger, zu Ruhm und Wohlstand.) Aber damit passt er doch wunderbar in die heutige Zeit.

Amazon Prime 8/10


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